Der Schweizer Immobilienmarkt kühlt sich ab
Seit Jahren steigen die Preise für Wohneigentum in der Schweiz – und damit das Risiko einer Immobilienblase. Jetzt darf vorsichtig aufgeatmet werden: In den vergangenen zwölf Monaten ist der von der Grossbank UBS vierteljährlich berechnete Immobilienblasenindex kontinuierlich gesunken. Mit dem aktuellen Punktestand befindet er sich nur noch am Rande der Risikozone.
Ursache der erneut positiven Entwicklung ist die Abkühlung des Eigenheimmarktes bei gleichzeitig hohem Wirtschaftswachstum (+ 2,8 Prozent) und steigenden Konsumentenpreisen (+ 1 Prozent). Insbesondere die Preise für Eigentumswohnungen sind nach Angaben der UBS um 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken.
Es gibt allerdings regionale Ausnahmen. Während etwa Morges VD nicht mehr zu den Gefahrenregionen zählt, gehört der Kanton Nidwalden neu dazu: Dort sind die Immobilienpreise in den letzten drei Jahren um über 15 Prozent gestiegen – schweizweiter Rekord. Weitere Risikoregionen laut UBS: Innerschwyz, Zug, Zimmerberg, March, Glattal / Furttal / Limmattal, Zürich, Basel-Stadt, Lausanne und Vevey.
Gefahr ist nicht gebannt
Während sich die Gefahr einer Blase im Bereich der Eigenheime grundsätzlich verringert hat, nehmen die Risiken andernorts zu. Bestimmte Komponenten des Indexes lägen nahe an den Werten der letzten Immobilienblase von 1989, warnen die Ökonomen. Für eine Entwarnung sei es definitiv zu früh.
Zu den grössten Risiken gehört die Tragbarkeit der Immobilien. Dank der höheren Einkommen waren gemäss Berechnung der Grossbank im zweiten Quartal 2018 zwar „nur“ noch 6,6 Jahreseinkommen für den Erwerb eines Eigenheims im mittleren Preissegment nötig; doch dieser Wert liegt immer noch deutlich über dem langjährigen Durchschnitt von 5,7 Jahreseinkommen.
Auf der anderen Seite wird das Immobilienblasenrisiko durch die verlangsamte Hypothekarkreditvergabe stark abgeschwächt. Die Hauptgründe für eine Blase waren in der Vergangenheit nämlich vor allem zwei Faktoren: einerseits sehr günstige Kredite, unter Umständen auch erleichterte Kreditvergabe, andererseits bestimmte steuerliche Anreize beim Immobilienerwerb. Beides führte zu einem plötzlichen starken Anstieg der Nachfrage – was die Preise immer weiter nach oben trieb. Am Ende war die Nachfrage weit geringer als das Angebot und die Preise brachen ein.
Steigende Blasengefahr bei Renditeliegenschaften
Das abgeschwächte Blasenrisiko bestätigt auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) in ihrem jüngsten Finanzstabilitätsbericht. Gleichzeitig weist sie jedoch auf eine steigende Blasengefahr im Markt für Wohnrenditeliegenschaften hin. Dort sind die Preise in den vergangenen zehn Jahren besonders stark gestiegen – im landesweiten Durchschnitt um 60 Prozent. Im Gegensatz dazu haben die Mieten im entsprechenden Zeitraum nur um gut 10 Prozent zugenommen.
Das Problem: Sollten die Zinsen auf 5 Prozent steigen und werden zusätzlich je 1 Prozent für Amortisation und Unterhalt berücksichtigt, reichen bei mehr als der Hälfte der neu abgeschlossenen Hypotheken die Mieten nicht mehr aus, um die laufende Belastung zu decken. Die Folge: Ausfälle bei Zinszahlungen und Hypotheken und damit eine Belastung der Banken.
Fazit
Insgesamt haben sich fünf von sechs Subindikatoren des Blasenindexes im vergangenen Quartal entspannt:
- das Verhältnis zwischen Eigenheimpreisen und Haushaltseinkommen;
- das Verhältnis zwischen Bautätigkeit und Bruttoinlandprodukt (BIP);
- das Verhältnis zwischen Eigenheimpreisen und Konsumentenpreisen;
- das Verhältnis zwischen Hypothekarvolumen und verfügbarem Einkommen der privaten Haushalte sowie
- die Kreditanträge an die UBS für zur Vermietung vorgesehene Liegenschaften
Lediglich das Verhältnis zwischen Eigenheimpreisen und Jahresmieten hat sich verschlechtert: Im 2. Quartal 2018 waren 30,7 Jahresmieten nötig, um ein vergleichbares Eigenheim zu erwerben. Der langfristige Durchschnitt beträgt 26,1 Jahresmieten. Im März 1989 erreichte der Indikator seinen damaligen Höchststand von 29,3. Der Anstieg des Indikators ist darauf zurückzuführen, dass die Mieten im Quartalsvergleich um rund 0,8 Prozent sanken und Eigenheimpreise nur um rund 0,3 Prozent nachgaben.
Die Tragbarkeit der Eigenheime ist auch das derzeitige Hauptrisiko für eine Blase. Neben dem Kauf-Miet-Verhältnis liegen gemäss UBS sowohl das reale Preisniveau als auch das Preis-Einkommen-Verhältnis (immer noch) nahe an den Werten der Immobilienblase Ende der 1980er-Jahre.
Der UBS-Index kann folgende Risikostufen einnehmen: Baisse, Balance, Boom, Risiko und Blase. Mit dem aktuellen Punktestand von 1.0 befindet sich der Index noch knapp in der Risikozone. Von einer Blase sprechen Ökonomen ab einem Wert von 2.0. Allerdings heisst es unter Experten auch: „Dass es sich bei einer Blase um eine Blase handelt, weiss man überhaupt erst, wenn sie platzt. Zuvor lässt sich das praktisch nie mit Sicherheit sagen.“