Expertenbefragung: Immobilienpreise werden weiter steigen
Vor kurzem haben wir über das hohe Immobilienblasenrisiko in Schweizer Städten berichtet. Nun zeigt eine Befragung aus 2019, durchgeführt von KPMG, dass Experten einen weiteren Preisanstieg in den Schweizer Zentren erwarten. Woran das liegt und wie Investoren damit umgehen, dieser Artikel liefert die Antworten.
Am Puls der Schweizer Immobilieninvestoren
Auch dieses Jahr hat KPMG Schweiz wieder über 300 Immobilieninvestoren und -bewerter zum Schweizer Immobilienanlagemarkt befragt, um den jährlichen Swiss Real Estate Sentiment Index (sresi®) zu erheben. Der Index wird seit 2012 erstellt und gilt als Indikator für die zukünftige Entwicklung der Schweizer Immobilienmärkte. Neben der Preisentwicklung werden dabei auch die Wirtschaftsaussichten beurteilt.
Die Preiserwartungen sind hoch
Die Preiserwartungen der befragten Immobilienexperten sind gegenüber dem Vorjahr stark gestiegen, was dazu führt, dass der Swiss Real Estate Sentiment Index ein neues Allzeithoch erreicht. Während der Index letztes Jahr noch bei 0.8 Punkten lag, ist er nun auf einen Wert von 31.0 Punkten angestiegen.
Beat Seger, Partner und Immobilienexperte bei KPMG, meint dazu: «Die Akteure auf dem Immobilienanlagemarkt erwarten höhere Preisniveaus, weil alternative Investitionsmöglichkeiten aktuell kaum vorhanden sind.» Besonders institutionelle Anleger (Vertreter von Immobilienfonds, Versicherungen und Vorsorgeeinrichtungen) erwarten weiter ansteigende Immobilienpreise.
Unsichere Wirtschaftsaussichten
Die Befragungsteilnehmer gaben erstmals seit 2016 an, mit einer Verschlechterung der allgemeinen Wirtschaftslage zu rechnen. Der Wirtschaftsentwicklungsindex ist somit von 16.5 Punkten im Vorjahr auf -10.4 Punkte abgerutscht. Zu den Unsicherheitsfaktoren gehören die unvorhersehbaren Auswirkungen des Brexits, globale Handelskriege sowie die Angst vor einer Rezession.
Es ist deshalb umso erstaunlicher, dass die Preiserwartungen trotz der eingetrübten Wirtschaftsaussichten weiter angestiegen sind. Das Vertrauen in Immobilienanlagen scheint ungebrochen hoch, was an mangelnden Investitionsalternativen liegen könnte.
Interessanterweise hat sich die durchschnittliche Risikowahrnehmung in den Schweizer Immobilienmärkten in diesem Jahr leicht verringert. So ist vor allem die Beurteilung der Zinsrisiken tiefer als im Vorjahr. Dagegen hat aber die Sorge vor schärferer Regulierung seitens der EU zugenommen.
Die Stadt-Land-Schere wird grösser
Die Preisniveaus der Schweizer Immobilienmärkte entwickeln sich immer mehr auseinander. Während sich die Preise auf dem Land auf tiefem Niveau bewegen, werden sie in den Städten durch die hohe Nachfrage immer weiter in die Höhe getrieben.
So erwarten Experten den stärksten Anstieg der Immobilienpreise an zentralen Lagen. Diese weisen mit 91.0 Punkten gegenüber 61.7 im Vorjahr die höchsten Indexwerte auf. Dabei fällt insbesondere die erhöhte Preiserwartung in den Mittelzentren auf. Grund dafür dürfte die starke Renditekompression in den grösseren Zentren sein, was zu einer Erweiterung des geografischen Anlagehorizonts in die kleineren Städte führt.
Anders sieht es in ländlichen Gebieten aus. Trotz einer leichten Steigerung um 31.0 Punkte sind die Preiserwartungen in den peripheren Lagen mit -69.8 Indexpunkten weiter im negativen Bereich. Die Immobilienexperten rechnen also weiter mit sinkenden Immobilienpreisen.
Stark ansteigende Preise in Zürich – Lugano und St. Gallen als Ausreisser
Was Investoren besonders interessiert, sind die Preiserwartungen in den Schweizer Wirtschaftszentren. In der Untersuchung von KPMG wurden acht Wirtschaftszentren identifiziert. Dabei fällt interessantes auf: Während für sechs der acht Wirtschaftszentren steigende Preise erwartet werden, verbleiben Lugano und St. Gallen im negativen Bereich. Auch in den entsprechenden Regionen Tessin und Ostschweiz werden Preisrückgänge erwartet.
Auf der anderen Seite des Spektrums liegt die Stadt Zürich, wo klar der stärkste Preisanstieg prognostiziert wird. Im Folgenden die Auflistung der acht Wirtschaftszentren und ihr jeweiliger Indexwert:
- Zürich: 84.8
- Genf: 59.6
- Basel: 57.3
- Lausanne: 49.8
- Bern: 31.4
- Luzern/Zug: 41.8
- Lugano: -41.6
- St. Gallen: -45.7
Während die Wohnpreise steigen, sind Verkaufsimmobilien im Sinkflug
Neben geographischen Unterschieden wurden auch die verschiedenen Nutzungssegmente untersucht. Wenig überraschen schwingen Wohnimmobilien nach wie vor oben auf bei den Preiserwartungen. Nachdem der Indexwert 2018 noch bei relativ tiefen 18.7 Punkten lag, ist er nun wieder auf 46.4 Punkte angestiegen.
Mit 2.1 Punkten haben sich die Preiserwartungen bei Büroflächen stabilisiert. Im Vorjahr lagen diese noch um 53.3 Punkte tiefer im stark negativen Bereich. Nach wie vor im negativen Bereich liegen Gewerbeflächen, wenn auch nur noch bei -21.8 Punkten (gegenüber -54.4 Punkten in 2018).
Stark im negativen Bereich, bei -99.0 Punkten, wird die Preisentwicklung bei Verkaufsimmobilien eingeschätzt. Dies ist nur ein leichter Anstieg von +16.5 Punkte gegenüber dem Vorjahr. Der Indexwert für Verkaufsimmobilien war seit Messbeginn 2012 noch nie im positiven Bereich.
Immobilien als «sicherste» Investition in unsicheren Zeiten
Interessant ist auch die Befragung zum Investitionswillen der Umfrageteilnehmer. Dabei gaben über 90 Prozent der Befragten an, dass sie mangels attraktiver Alternativen in den nächsten zwölf Monaten in Immobilien investieren werden.
Dabei stellt das weiter knappe Angebot an Wohnimmobilien an zentralen Lagen eine Herausforderung dar. Denn Wohnimmobilien bleiben nach wie vor das mit Abstand beliebteste Investitionssegment.