Tiny Houses – ein neuer Trend im Immobilienmarkt
Eine Bewegung, die weltweit aber auch im Schweizer Immobilienmarkt immer mehr an Fahrt gewinnt, sind die sogenannten «Tiny Houses». Wir zeigen, was es mit den Mini-Häusern auf sich hat und wo in der Schweiz solche Kleinsthäuser erstellt werden.
Noch dieses Jahr sollen in Zollikerberg im Kanton Zürich 40 Tiny Houses mit jeweils 45 bis maximal 60 Quadratmetern Wohnfläche erstellt werden. Diese Mikrohäuser sollen zwar sehr flächensparend gebaut werden, aber dennoch das Wohngefühl eines Einfamilienhauses vermitteln. Doch kann dieses Konzept funktionieren?
Was sind Tiny Houses eigentlich?
Obwohl es keine offizielle Definition des Begriffs «Tiny Houses» gibt, versteht man ziemlich einfach, was damit gemeint ist: «Winzige Häuser», häufig auch «Kleinsthäuser, Mikro- oder Mini-Häuser» genannt.
In den USA gibt es seit 2017 eine gesetzliche Definition von Tiny Houses im Baugesetz: Es handelt sich um Wohnstätten von maximal 37 Quadratmetern – ausgeschlossen sind Lofts. Der Unterschied zum Flächenverbrauch eines Einfamilienhauses mit einer durchschnittlichen Fläche von 241 Quadratmetern ist somit enorm. Die Mini-Häuser am Zollikerberg würden somit aber nicht in die amerikanische Kategorie der Tiny Houses fallen.
Die Alltagstauglichkeit von Tiny Houses
Das Ziel der Tiny Houses ist es, so wenig Platz wie nötig zu beanspruchen und dennoch ein komfortables Leben zu ermöglichen. Dafür sind viel Kreativität und Handwerksgeschick von Seiten der Ersteller nötig. Denn um möglichst flächensparend zu leben, werden verschiedene Lebensbereiche zusammengefasst und multifunktional gestaltet: Mit wenigen Handgriffen kann das Schlafzimmer zum Büro oder in eine gemütliche Wohnstube umfunktioniert werden – das ist die Kernphilosophie der Tiny Houses.
Doch wie alltagstauglich sind die Mini-Häuser wirklich? Das hängt stark davon ab, wie radikal der Ansatz eines Tiny Houses ist und wie geschickt die Macher bei der Erstellung sind. Die grosse Beliebtheit der Kleinsthäuser zeigt jedoch, dass das Modell zu funktionieren scheint. Auch Menschen, die an eine grosse Wohnfläche gewöhnt waren, konnten sich oft schnell in der neuen Umgebung einleben – solange ein Tiny House wirklich gut gestaltet und eingerichtet ist.
Mobile vs. stationäre Tiny Houses
Viele Mini-Häuser werden so gebaut, dass sie einfach auf einem Lastwagen oder Anhänger transportiert werden können. Das ist auch ein Aspekt, der diese Wohnform für viele Menschen so attraktiv macht: Sie können jederzeit ohne grosse Kosten ihren Standort wechseln und an einem neuen Ort ihre Zelte aufschlagen.
Mobile Tiny Häuser haben aber auch klare Nachteile gegenüber stationären: Einerseits sind sie in ihren Dimensionen stärker eingeschränkt, um für den Transport zugelassen zu sein. Zudem sind mobile Tiny Houses bezüglich Materialwahl eingeschränkter, da sie sehr leicht gebaut werden müssen. Folglich sind mobile Tiny Houses oft schlechter isoliert und entsprechen häufig nicht dem Ideal einer absolut nachhaltigen Wohnform. Abhilfe schafft die Nutzung von Solarpanels oder anderen erneuerbaren Energien.
Stationäre Tiny Houses sind bezüglich Ausstattung weitaus weniger eingeschränkt und es können noch gewagtere bauliche Konstruktionen gewählt werden. Auch ein Garten kann bei stationären Tiny Houses leichter realisiert werden.
Die Entstehung der Tiny House-Bewegung
Das erste offizielle Tiny House wurde vor etwas 170 Jahren im amerikanischen Massachusetts erstellt. Der Philosoph und Schriftsteller Henry David Thoreau baute das winzige Haus selber und beschrieb seine Erfahrungen im legendären Buch «Walden oder das Leben in den Wäldern».
Auch der berühmte Architekt Le Corbusier entwickelte ein eigenes Miniaturhaus von 3.66 x 3.66 Metern, das er 1951 im Schatten eines Baumes an der Côte d’Azur erstellen liess (Quelle).
Heute hat sich das Phänomen Tiny Houses zu einer richtigen Bewegung mit breiter Anhängerschaft entwickelt, die sich von den USA nach Europa ausgebreitet hat. Viele Menschen sind nicht mit dem ständig steigenden Flächenverbrauch unserer Gesellschaft einverstanden und möchten einen Kontrapunkt setzen.
Neben diesem Nachhaltigkeitsdenken sind aber viele Menschen schlicht von der genialen Konstruktion der Kleinsthäuser fasziniert. Es kann einem manchmal fast schon wie Zauberei vorkommen, wenn sich die Ausstattung eines Tiny Houses innert weniger Sekunden komplett verändert und zum Beispiel aus einer Küche ein Wohnzimmer wird.
Tiny Houses gegen den Wohnungsmangel?
Ob das Konzept der Tiny Houses in Zeiten von Zersiedelung und Platzmangel in den Schweizer Städten eine Lösung sein könnte, ist schwer zu beurteilen. Schliesslich handelt es sich häufig immer noch um Einfamilienhäuser – einfach im Miniformat.
Die Idee der Tiny Houses, durch clevere Raumaufteilung und Multifunktionalität Raum zu sparen, kann aber durchaus auch auf kombinierte Wohneinheiten und Mehrfamilienhäuser angewendet werden. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Es wird sich zeigen, wie weit die Idee der Tiny Houses weiterentwickelt werden kann und ob sie letztlich gesellschaftlich akzeptiert wird.